Ausrüstung

Wintertouren sind mit Sicherheit nicht für Ultralight-Experimente geeignet. Die extremen Verhältnisse erfordern eine höhere Sicherheitsmarge und eine robuste und vor allem absolut verlässliche Ausrüstung, so dass man immer erheblich mehr Gepäck wird schultern (oder ziehen) müssen wie auf Sommerwanderungen. Trotzdem lohnt es sich, bei der Zusammenstellung der Ausrüstung aufs Gewicht zu achten.

Zehn kg mehr oder weniger in der Pulka machen bei Steigungen oder Tiefschnee einen Riesenunterschied. Ich habe auf meinen Touren schon viele andere Pulkawanderer getroffen und habe im Vorfeld der geplanten Langtour außerdem viele Erfahrungsberichte anderer Langstrecken-Wanderer ausgewertet. Viele sind mit Pulkas von 60 kg (manchmal noch mehr) unterwegs, selbst Zweier- oder Dreier-Teams, die schwere Gegenstände wie Zelt oder Kocher teilen können können. Ich habe absolute Hochachtung vor den Männern und Frauen, die in der Lage sind, solche Gewichte über Tage und Wochen durch den Schnee zu bewegen. Ich weiß nicht, ob ich das schaffen würde, und ausprobieren möchte ich es nicht. Ehrlich gesagt ist es mir ein Rätsel, was manche Leute im Winter so alles mitschleppen. Schweden ist schließlich nicht der Nordpol. Auf meinen normalen Touren hat meine Pulka ein Basisgewicht von 20 kg (hinzu kommen noch Lebensmittel und Brennstoff); mein Rucksack wiegt etwa fünf kg. Ich habe bisher noch nie das Gefühl gehabt, dass mir irgend etwas gefehlt hätte. Dabei mache ich in puncto Sicherheit und Robustheit bei den Dingen, die wirklich lebenswichtig sind (etwa Zelt, Schlafsack, Kocher, warme Kleidung) keinerlei Konzessionen, um Gewicht zu »schinden« (und ich habe auch noch nie den Stiel meiner Zahnbürste abgesägt).

Ein bißchen mehr Gepäck als üblich wird es auf meiner Langtour schon sein: Drei statt einem Paar Kurzfelle, der »Pulkawagen« sowie ein robustes Zuggestänge statt Seilen, ein zusätzlicher Synthetik-Außenschlafsack als Notbiwak und als Wärmereserve für die kalten Januar- und Februarnächte, ein kompletter Ersatzgestängebogen für das Zelt, etwas mehr Ersatzteile für Kocher, Skibindung etc. und gut zwei kg Wanderkarten, die im Laufe der Tour Stück für Stück per Post nach Hause schicken werde. Aber das war es auch schon. Meine gesamte Ausrüstung ohne Lebensmittel wiegt knapp 40 kg. Davon werde ich etwa neun kg am Körper tragen (Ski, Skischuhe, Kleidung) und acht kg im Rucksack. Das Basisgewicht der Pulka beträgt also etwa 22 kg, plus etwa 1,2 kg Lebensmittel und Brennstoff pro Tag. Das heißt, das Gesamtgewicht der Pulka jeweils zu Etappenbeginn bei wird bei rund 35 kg liegen, für die längste Etappe (Tärnaby–Abisko) bei etwa 45 kg. Dies ist ein Gewicht, dass man, nicht nur in der Ebene, sondern auch noch bei leichten Steigungen, nur mit gewachsten Ski und ohne Steigfelle ziehen kann.

Am leichtesten lässt sich Gewicht an der Pulka selbst sparen: Ich habe vor zwei Jahren im schwedischen Padjelanta-Nationalpark zwei Deutsche getroffen, die eine reine Hüttenwanderung machten. Ihre Ausrüstung verschwand geradezu in den Tiefen einer 2,10 m langen Scandic-Tour-Pulka von Acapulka! Diese Pulka wiegt allein schon 13 kg, mit Zugestänge knapp 15 kg, und hat eine Zuladekapazität 630 l oder ca 150 kg. Zum Vergleich: Wenn ich in meiner Ausrüstungliste bei 15 kg ankomme, dann sind darin Pulka, Schlafsack, Biwaksack, Kocher, Schneeschaufel, Zelt und Schneehäringe inbegriffen. Wenn man sich nicht in Gefilden bewegt, wo man diese 150 kg Gepäck braucht (und Lappland zählt nicht dazu), ist so eine Badewanne völlig deplaziert. (Ein Vorteil ist natürlich, dass man für den Fall, dass man vor Erschöpfung tot umfällt, den Sarg gleich mit dabei hat…). Die Pulka sollte so klein und leicht wie möglich sein. Wem die entprechenden Modelle der gängigen Hersteller (Acapulka, Fjellpulken, Segebaden) zu teuer sind, der sollte sich seinen Schlitten einfach selbst bauen. Ich habe, bis ich für meine jetzige Pulka, eine Acapulka Featherlite 120,  tief in die Tasche gegriffen habe, mehrere Touren mit einem umgebauten Plastikschlitten gemacht (Hauptzutaten: ein KHW-Schlitten, Modell Snowbird, und eine rundum aufgenietete alte Zeltplane aus dem Keller). Aufwand: 30,- € an Material und vier Stunden Arbeit. Gewicht: 3,4 kg. Anleitungen zum Pulka-Bau finden sich in der Linkliste.

Die »richtige« Ausrüstung ist Erfahrungs-, aber auch Glaubenssache, und ich werde deshalb gar nicht anfangen zu erklären, warum ich welchen Kocher mitnehme, oder darüber philosophieren, ob ein Zelt von Hilleberg nun wirklich besser ist als eines von Helsport oder Exped. So viele Zelte habe ich in meinem Leben übrigens auch nicht ausprobiert, weil ich weder Sponsoren noch viel Geld habe – und diese Hillebergzelte sind einfach auch nach hundertfünfzig Nächten noch nicht kaputt (jetzt habe doch Werbung gemacht). Wenn ich in der Ausrüstungsliste die Hersteller nenne, dann nicht, weil sie mir die Sachen kostenlos zur Verfügung gestellt wurden, sondern weil ich sie (z.T. übrigens gebraucht) gekauft, ausprobiert und für gut befunden habe. 

Apropos Hersteller: Auch einige Sachen für die Langstreckentour, z.B. die Kurzfelle, den Zuggurt oder den Pulkawagen, habe ich selbst gemacht. Ich kann nur jedem raten, sich ans Werkeln zu begeben. Erstens macht Basteln Spaß, zweitens sind selbstgemachte Ausrüstungsgegenstände oft robuster als gekaufte (und preiswerter sowieso), und drittens gibt es  keine bessere Vorbereitung für den Tag, an dem man irgendwo im Nirgendwo mit einem kaputten Innenschuh oder einen defekten Skibindung dasitzt. Auch das tollste Outdoor-Repair-Kit nützt nichts, wenn kam im Falle eines Falles im Zelt sitzt und keine halbwegs vernünftige Naht hinkriegt, und wenn man seinen Benzinkocher, der mit Sicherheit genau dann den Geist aufgibt, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann, noch nie in alle Einzelteile zerlegt und wieder zusammengebaut hat.

Die detaillierten Pack- und Checklisten für die Ausrüstung lassen sich hier herunterladen:

[Packliste gesamt][Ersatzteile & Reparatur][Wachsset][Waschzeug und Apotheke][Karten][Dokumente & Co]

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