Outdoorküche ohne Instant-Tüten

Kondition, Erfahrung, mentale Stärke, Kältetauglichkeit. Auf die Frage, über welche Fähigkeiten man für eine lange Wintertour verfügen muss, sind das sicher die klassischen Antworten. Alles nicht verkehrt, doch kommt noch etwas hinzu, was um so wichtiger wird, je länger die Tour dauert: Kochen, genauer gesagt, Kochen ohne Rezept. »Outdoormahlzeiten« und Astronautennahrung, Globetrotter-Lunch, Blå Band, Peronin, Powerbars, kurz gesagt: Tütennahrung, ist für mich das Fürchterlichste, was es gibt. Fast noch unglaublicher als die sportliche Höchstleistung, die Messner und Fuchs bei ihrer Südpolexpedition 1989/90 vollbracht haben, finde ich die Tatsache, dass sie sich rund 90 Tage aus diesen Alutüten ernährt haben, ohne einen Koller zu bekommen. (Aber vielleicht hatten sie auch einen: Ich erinnere mich dunkel an die Anekdote, dass Arved Fuchs bei der Ankunft an der amerikanischen Polarforschungsstation am Südpol zehn gebratene Tiefkühl-Forellen verputzt haben soll).

Für den, der auf dem Weg zum Südpol oder zum Mars ist, mag Alu-Instant-Futter die einzige praktikable Ernährungsform sein. Wir Normalmenschen, die wir durch das skandinavische Fjäll laufen, haben Besseres verdient. Ganz abgesehen davon, dass dieses Instant-Essen, wie ich finde, erbärmlich schmeckt, ist es unglaublich teuer. Ich selbst bekomme davon außerdem Verdauungsprobleme, wahrscheinlich, weil ich mich zuhause nie aus Dosen und Tüten ernähre.

In Finnland, Schweden und Norwegen stößt man selbst in der abgelegensten Gegenden auf gut ausgestattete Supermärkte. Wenn man die Logistik für eine lange Tour im Vorfeld gut plant, kann man sich bequem alle zehn Tage oder zwei Wochen mit allen nur erdenklichen Lebensmitteln neu eindecken.

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Wintertouren haben gegenüber Sommertouren mehrere Vorteile, etwa dass bei Minusgraden die Ausrüstung weit leichter trocken zu halten ist als bei sommerlichem Regenwetter, dass man, wo man geht und steht, tischebene, perfekte Zeltplätze findet, und dass man nicht groß Wasser suchen und holen muss, sondern einfach den Schnee aus dem Vorzelt in den Kochtopf schaufeln kann. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Kühlung sozusagen inbegriffen ist. Nichts spricht dagegen, Lachsteaks, Lammhack, Huhn, Schinken, Rentierfleisch und Rindergulasch in die Pulka zu laden, schön portioniert, 150 g pro Tag. Dazu eine frische Zwiebel (läßt sich auch halb gefroren noch gut schneiden) in Margarine gedünstet; dann z.B. Reis, Nudeln, Polenta, oder, wer's mag (ich gehöre nicht dazu), Instant-Kartoffelbrei. Und als vierte Zutat Dörrgemüse, ca 30 g pro Mahlzeit (entspricht etwa 300 g Frischgemüse).

Ich habe mir dafür eigens ein Dörrgerät angeschafft, aber der Backofen (ca 60-75 C°) tut es auch. Einfach das Gemüse kleinschneiden, in Salzwasser blanchieren bzw. halbgar kochen und dann dörren, bis es rappeltrocken ist. Ich trockne ca. 20 Sorten Gemüse und mache daraus meine eigenen Mischungen, z.B. Erbsen und Möhren, Ratatouille (Zucchini, Aubergine, Paprika, Möhren, Lauch, getrocknete Tomate) und grüne Bohnen mit dehydriertem Tomatenmark. Weitere Variationsmöglichkeiten: Cashewkerne, Aprikosen (z.B. zu Reis und Huhn), Parmesankäse (zu Nudeln); Fetakäse (zu Lamm) usw. usw. Und natürlich Salz und die Gewürze nicht vergessen: z.B. Dill, Oregano, Curry und schwarzer Pfeffer. Fertig ist das abendliche Drei-Sterne-Menü!

Für alle, die es ausprobieren wollen, noch zwei Tipps: 1) Um so zu kochen, braucht man einen beschichteten Topf (gibt es z.B. von Primus, Trangia oder MSR), damit nichts anbrennt, und vor allem einen Kocher, der sich auf Kerzenflammengröße hinunterdimmen lässt (z.B. Optimus Nova, Hiker oder Svea, MSR Dragonfly, Primus Omnifuel). Nicht regulierbare Kocher, wie z.B. der Whisperlite oder der XGK, taugen nur zum Wasserkochen. 2) Vorsicht bei der Lagerung von Frischfleisch: Ich habe es 2005 in der Cunojavri-Hütte im Narvikfjell erlebt, dass ein Rotfuchs nachts die Pulka von drei Norwegern ausgeräumt hat, die vor der Hütte stand. Drei Kilo Hackfleisch waren futsch...

Die warme Abendmahlzeit ist unbestritten das Highlight des Tages. Wie meine übliche Tagesration insgesamt aussieht, kann man am Ende dieser Seite herunterladen; außerdem habe ich meine Einkaufs-Checkliste eingestellt. Sie dient mir als Gedächtnisstütze und Anregung für die Planung des Einkaufs für die jeweils nächste Etappe und für eine größtmögliche Variation des Speiseplans. Alles was darauf steht, ist normalerweise in jedem schwedischen oder norwegischen Supermarkt zu kaufen. Das dritte Dokument betrifft die konkrete Logistik für meine bevorstehende Tour, d.h. alle geplanten und optionalen Einkaufsmöglichkeiten für Essen und Brennstoff auf den neun Etappen. Bon appetit!

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