6. Etappe

Tärnaby–Vuoggatjålme–Ritsem–Abisko

ca. 390 km

Ankunft Abisko ca. 24. März 2007

Auf diese Etappe freue ich mich schon jetzt ganz besonders, führt mein Weg mich doch durch einige der großartigsten und einsamsten Landschaften Schwedens und durch mehrere Naturreservate und Nationalparks. Das eine oder andere Stück der Strecke kenne ich schon von früheren Wintertouren, doch ist eine knapp 400 km-Durchquerung an einem Stück doch eine ganz andere Sache!

Von Tärnaby aus durchquere ich zunächst das Vindelfjäll-Naturreservat. Dies ist eines der wild- und artenreichsten Gebiete Lapplands, in dem neben Elch, Rentier, zahlreichen Kleinsäugern und Vogelarten auch Luchs, Bär, Vielfraß und einer der letzten europäischen Bestände des Polarfuchses anzutreffen sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich eines dieser scheuen Raubtiere zu Gesicht bekommen werde, ist jedoch leider gering, und die Bären halten ja sowieso Winterschlaf. Doch wer weiß? Ich halte jedenfalls denn Feldstecher griffbereit. Der Vindelälv, den ich ein ganzes Stück entlang laufen werde, zählt mit Torneälv, Kalixälv und Piteälven zu den wenigen naturbelassenen Strömen Schwedisch-Lapplands, die kaum für die Wasserkraftnutzung verbaut und reguliert worden sind.

Bei Vuoggatjålme nördlich des Naturreservats werde ich den Polarkreis überschreiten. Die kleine Siedlung ist der schwedische »Kältepol«: Mit -52,6 C° wurde hier am 2. Februar 1966 die niedrigste je in Schweden gemessene Temperatur registriert.  Über die Sami-Siedlung Mavas laufe ich weiter bis zur STF-Hütte Pieskehaure am Rande des Padjelanta-Nationalparks. Hier beginnt die »Laponia National Heritage Area«, die seit 1996 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt: Die Nationalparks Padjelanta, Stora Sjöfallet und Sarek sowie die Naturreservate Sjauna, Stubba und Muddus bilden ein zusammenhängendes Schutzgebiet von 9.400 km². Ich durchquere die weite Hochebene des Padjelanta und erreiche am Stausee Akkajaure die STF-Fjällstation Ritsem. Der letze Abschnitt dieser »Marathonetappe« führt mich zunächst durch Riksgrensen- und Narvikfjell. Bei Alesjaure stoße ich auf den Kungsleden, den berühmten Fernwanderweg, der von Hemavan über Kvikjokk bis nach Abisko führt. Auf dem »Königspfad« laufe ich die letzten 60 km durch den Abisko-Nationalpark bis zur STF-Fjällstation Abisko an der Ofotbahn, die wohl einzige Jugendherberge der Welt mit eigenem Bahnhof (Haltestelle »Abisko Turist«).

Die äußeren Rahmenbedingungen dieser Etappe haben es in sich: Im Vindelfjäll und im Padjelanta-Nationalpark herrscht Skooterverbot, und im Padjelanta gibt es zudem keine Wintermarkierungen. Über weite Strecken werde ich also selbst spuren und mir den Weg suchen müssen. Es gibt kein Handynetz. Die ausgesetze Hochebene des Padjelanta ist für ihre starken Winde bekannt, und der Sarek, an dessen Westgrenze ich entlang laufen werde, ist notorisch für sein schlechtes Wetter. Andererseits gibt es entlang der Strecke eine gute Hütten-Infrastruktur, die ich im Notfall nutzen kann, und viele der Hütten sind mit Nottelefonen ausgestattet.

Die schiere Länge dieser Etappe ist eine Herausforderung für sich, und die Logistik hat mir einiges Kopfzerbrechen bereitet.: 400 km unsupported. Ich werde in Tärnaby Nahrung und Benzin für drei Wochen zuladen. Das sind ca 22-23 kg; die Pulka wird bei Etappenbeginn also knapp 45 kg wiegen. Alternativ hätte ich zwei Möglichkeiten: Entweder Lebensmittelpakete nach Vuoggatjålme und Ritsem vorauszuschicken; oder aber von Vuoggatjålme nach Arjeplog bzw. von Ritsem nach Gällivare mit dem Bus zum Einkaufen zu fahren. Doch ich möchte den Aufwand beim Pakete verschicken niedrig halten; zugleich ist es gerade auf dieser einsamen Etappe wichtig, ausreichend Lebensmittel für Reservetage mitzuführen. Die Busfahrten wären zudem sehr zeitraubend - von Vuoggatjålme nach Arjeplog und zurück kommt man z.B. nicht an einem Tag. So werde ich also Proviant und Benzin für die ganze Etappe mitnehmen, die begrenzten Einkaufmöglichkeiten in Vuoggatjålme selbst und den STF-Hütten an der Strecke nutzen und nur dann mit dem Bus Nachschub holen, wenn es unbedingt nötig ist.

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